Interview mit Union Investment:
Stimmigkeit im persönlichen Auftritt als Schlüssel zur erfolgreichen Führungspersönlichkeit
„Der Körper lügt nicht.“
Die persönliche Wirkung ist wesentlich für den Erfolg. Aber gerade heute, wo der Kontakt zu Mitarbeitern,
Kunden oder Kollegen aus der Führungsebene immer häufiger digital stattfindet, werden die Gelegenheiten
weniger, als ganze Person zu überzeugen. Umso wichtiger ist deshalb, die Chancen für einen gelungenen
persönlichen Auftritt zu nutzen – denn nur mit einem stimmigen Gesamtbild kann man andere nachhaltig für
sich gewinnen.
Gabriele Schweickhardt ist Expertin für einen überzeugenden persönlichen Auftritt durch den bewussten
Einsatz von Körpersprache und Stimme. Als Trainerin arbeitet sie eng mit Führungskräften aller
Hierarchieebenen zusammen. Im Rahmen der Führungskräfteveranstaltung „Forum Frauen in Führung“ erläuterte
sie, wie Stimmigkeit im persönlichen Auftritt gelingt.
Frau Schweickhardt, Sie beschreiben Stimmigkeit im persönlichen Auftritt
als Kongruenz von Körper, Stimme
und Inhalt. Was genau meinen Sie damit?
Für eine sinnvolle und effektive Kommunikation müssen alle drei Kommunkationsebenen deckungsgleich sein.
Diese Kongruenz ist es, die Glaubwürdigkeit und Vertrauen vermittelt. Bei Kindern können wir dies sehr gut
beobachten. Wenn Kinder schwindeln, sehen wir dies an klaren körpersprachlichen Signalen. Sie weichen z.
B. mit dem Blick aus, der Körper wird unruhig, sie halten die Luft an, es kommt zu längeren
Wortfindungsverzögerungen.
Auch bei Erwachsenen nehmen wir unbewusst und permanent sämtliche körpersprachlichen und stimmlichen
Signale auf – auch wenn diese auf der Mikroebene stattfinden und diese überwiegend unbewusst wahrgenommen
werden. Kommt es zu Inkongruenzen, meldet sich unsere Intuition. In der Folge werden wir misstrauisch,
achten in der Kommunikation verstärkt auf weitere Unstimmigkeiten und bleiben bestenfalls
abwartend.
Warum ist Stimmigkeit im Auftritt denn so wichtig für Führungskräfte – sollte nicht der Inhalt
einer
Aussage ausreichen, damit die Mitarbeiter mitziehen?
Am Beispiel des Stilmittels Ironie wird deutlich, wie unterschiedlich und sogar gegensätzlich Inhalte
wahrgenommen werden können. Nur im Zusammenwirken mit der Form wird für die Mitarbeiter*innen deutlich, in
welchem Sinne die inhaltliche Aussage der Führungskraft zu interpretieren ist. Je klarer die Form umso
enger der Interpretationsspielraum.
Darüber hinaus werden durch Körpersprache und Stimme Emotionen ausgedrückt. Strahlt eine Führungskraft
Begeisterung, Stärke, Engagement, Offenheit und Sympathie aus, greift das Phänomen der Spiegelneuronen. Die
Mitarbeiter*innen werden von der Emotion der Führungskraft „angesteckt“. Genauso funktioniert dies
allerdings auch bei negativen Emotionen wie z. B. Ungeduld, Wut, Distanz oder Ablehnung.
Das heißt, man sollte sich der Wirkung dieser Signale hinreichend bewusst sein. Aber was, wenn
man von
Natur aus ein weniger überzeugender Typ ist?
Nehmen Mitarbeiter*innen Signale der Zurückhaltung unbewusst wahr, werden sie ebenfalls abwartend. Niemand
legt viel Energie und Engagement in etwas, das gefühlt nicht zielführend und erfolgsversprechend ist. Will
ich Menschen von etwas überzeugen, gilt es, das Gegenüber zu neuen Erkenntnissen, Perspektiven oder Zielen
zu führen. Und Führen bedeutet, ambitioniert voranzuschreiten. Diese Führungsstärke gehört zum
Rollenbild.
Ob eine Person Signale der Stärke und Offenheit aussendet, ist eine Folge von frühen Prägungen aber auch
von Referenzerfahrungen. Die Zurückhaltung ist nicht von Natur aus gegeben und schon gar nicht in Stein
gemeißelt. Jeder Mensch kann seine Überzeugungskraft erhöhen.
Und wie kann man das konkret umsetzen?
Habe ich als Führungskraft das Ziel mehr Überzeugungskraft zu entwickeln, kann ich dies auf der
Haltungsebene und gleichzeitig auf der Verhaltensebene erreichen. Auf der Haltungsebene gelingt es u.a.
durch das Generieren positiver Referenzerfahrungen und das Reflektieren des Selbstbildes. Hier greifen
Methoden des Coachings. Auf der Verhaltensebene ist es zielführend, Signale der Stärke und Offenheit in
Wortwahl, Körpersprache und Stimme zunächst bewusst zu integrieren. Bedeutsam ist hier, dass nicht ein
Verhaltenssonntagsanzug übergestreift wird, sondern dass die Signale zur eigenen Person und zur inneren
Haltung passen. Wenn diese neuen Verhaltensweisen zu Gewohnheiten werden, kann die Konzentration wieder
vollständig auf die Inhalte focussiert werden.
Frau Schweickhardt, herzlichen Dank für das Gespräch.